Kommentar |
„Wenn unser Leben nichts wert ist, dann produziert doch ohne uns!“, lautete ein Losspruch des feministischen Streiks in Spanien, als am 8. März 2018 über fünf Millionen FLINTA (1) landesweit entlohnte und unentlohnte Arbeiten niederlegten. Bestreikt wurden nicht nur prekäre Arbeitsverhältnisse, sondern auch geschlechtsspezifische Gewalt. Worauf feministische Bewegungen hier verweisen, ist, dass ökonomische Ausbeutungsverhältnisse grundlegende Bedingung für das Auftreten und Fortwirken patriarchaler Gewalt sind. Was aber ist patriarchale Gewalt? Wie sind patriarchale Gewalt und Kapitalismus miteinander verwoben? Welche Rolle spielen koloniale Kontinuitäten?
Im Seminar werden zunächst auf der Grundlage feministisch-materialistischer Ansätze, Begriffe und wichtige Konzepte rekonstruiert (u.a. Federici 2017). In den anschließenden Blockveranstaltungen werden aktuelle Beiträge zum Verhältnis von Gewalt und Körper diskutiert. Hier werden philosophische (u.a. von Redecker 2020), ebenso wie anthropologische Perspektiven (Segato 2021) diskutiert. Zentral ist die Frage nach der stabilisierenden Funktion von Gewalt gegen FLINTA für eine kapitalistisch-patriarchal organisierte Gesellschaft. Ein weiterer zentraler Gegenstand des Seminars ist das Verhältnis von patriarchaler und ökonomischer Gewalt (u.a. Gago 2021). Dabei wollen wir der Frage nachgehen, inwiefern die Ursachen für patriarchale Gewalt in ökonomischen Verhältnissen angelegt sind.
(1) FLINTA steht für Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans und agender Personen
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Literatur |
Einführungsliteratur:
Dorsch, Timo/Flörchinger, Jana/Nehe, Börries (2022 i.E.): Geographien der Gewalt. Macht und Gegenmacht in Lateinamerika. Wien: Mandelbaum Verlag.
Federici, Silvia (2017): Caliban und die Hexe. Frauen, der Körper und die ursprüngliche Akkumulation. Wien: Mandelbaum Verlag.
Gago, Verónica (2021): Für eine feministische Internationale. Wie wir alles verändern. Berlin: Unrast.
Segato, Rita (2021): Wider die Grausamkeit. Für einen feministischen und dekolonialen Weg. Wien: Mandelbaum Verlag.
von Redecker, Eva (2020): Revolution für das Leben. Philosophie der neuen Protestformen. Frankfurt a.M.: S. Fischer. |