Kommentar |
Die Freiheit des Gewissens bildet ein wichtiges Fundament der Handlungsfreiheit des Menschen, das in demokratischen Verfassungen eine besondere Rolle spielt und besonders geschützt ist.
In seinem Gewissen begegnet der Einzelne auf ganz verschiedenen Ebenen allgemeinen Normen mit Gesetzeskraft: Sowohl in der Ethik als auch in der Politik, unter Umständen aber auch in religiösen Fragne, muss stets er überlegen und entscheiden, wie er sein eigenes Verhalten und seine Einsichten in Recht und Unrecht, in Gut und Böse, in Wahr und Falsch an universalen Gesetzen ausrichtet oder gegebenenfalls von ihnen abweicht. Eine solche Berufung auf das eigene Gewissen bedeutet nicht ein Verfolgen eigener Neigungen und Vorlieben ohne Beachtung des Gesetzes, sondern bezeichnet eine Einschätzung von dessen Geltung und Bedeutung in jeder einzelnen Situation, die zwar immer individuell zu verantworten ist, aber auch von anderen nachvollziehbar sein soll. Insofern bezeichnet das Gewissen Grenzfälle, die strittig sind und häufig besonderer Rechtfertigung bedürfen.
Die Vorlesung geht der Frage nach den Grundlagen dieser Eigenverantwortung des Gewissens in Philosophie und Religion nach. Dabei wird seine Verwurzelung in der Beziehung von individueller und allgemeiner Vernunft in Antike und Neuzeit ebenso thematisiert wie die religiösen Wurzeln des Gewissens als „der Stimme Gottes im Menschen“. Weitere Schwerpunkte bilden die terminologische Klärung des Konzepts des Gewissens (conscientia) in der lateinischen Philosophie der Antike und des Mittelalters sowie die daran anschließende Debatte über natürliches und positives Gesetz. Neben den Gesetzesbegriffen Platons, Ciceros und Kants bildet insbesondere die Gewissens- und Rechtslehre des Thomas von Aquin einen sachlichen Schwerpunkt der Vorlesung. |