Kommentar |
Das Osmanische Reich war in der Reformation eine mit dem Habsburger Reich konkurrierende militärische Supermacht. Türkenkundliche Schriften und „Türkenlieder“ nahmen insgesamt seit den 1520er Jahren signifikant zu, und die Auseinandersetzung mit der „Türkenfrage“ entwickelte sich zu einem Topos zeitgenössischer Welt- und Geschichtsdeutung. Unter Aktualisierung der klassischen Flagellum-Dei-Argumentation wurden die Osmanen als Strafe Gottes für die in Sünden gefangene christianitas gedeutet. Auch Luther, Melanchthon und Zwingli sowie viele weitere protestantische Autoren sollten sich zu den Türken und ihrer Expansion äußern. Insbesondere die Doppelperspektive Türken-Papsttum avancierte in der Folge zu einer wirkmächtigen Interpretationsfolie für die protestantische Wahrnehmung des Islams. Die Analyse und historische Kontextualisierung dieser und weiterer Aussagen steht im Zentrum dieses Seminars, welches zugleich eine allgemeine Einführung in die protestantische Islamwahrnehmung und -deutung seit der Reformation bieten wird. |
Literatur |
Johannes Ehmann, Luther, Türken und Islam. Eine Untersuchung zum Türken- und Islambild Martin Luthers (1515–1546), Gütersloh 2008; Thomas Kaufmann, ‚Türckenbüchlein‘. Zur christlichen Wahrnehmung ‚türkischer Religion‘ in Spätmittelalter und Reformation, Göttingen 2008; Malte van Spankeren, Art. Luther und die Türken, in: Albrecht Beutel (Hg.), Luther Handbuch, Tübingen 3. Aufl. 2017, 262–269 |