Kommentar |
Kants Kritik der Urteilskraft ist die letzte seiner drei Kritiken. Mit ihr erhebt er den Anspruch, die Grundlegung der kritischen Philosophie abzuschließen. Dass es nach der Kritik der reinen und der Kritik der praktischen Vernunft noch zu einer weiteren Untersuchung gekommen ist, verdankt sich zum einen der Frage nach dem Zusammenhang dieser beiden Kritiken, in denen theoretische und praktische Philosophie getrennt verhandelt wurden. Kant ging es nicht nur um eine äußerliche Verbindung der beiden Teile seiner Philosophie, sondern darum, die argumentativ drängende Frage zu beantworten, ob und wie die beiden ‚Gebiete‘ der Vernunft (also die theoretische und die praktische Philosophie) sich miteinander in Bezug setzen und begrifflich vermitteln lassen. Zum anderen aber war es eine für Kant selbst ‚überraschende‘ Einsicht, die zu der Ausarbeitung einer Kritik der Urteilskraft geführt und die ihm für diesen Zusammenhang gleichsam den Weg gewiesen hat: die Einsicht, dass sich ästhetische Urteile insbesondere, aber auch teleologische Urteile über Zweckmäßigkeitsverhältnisse an Gegenständen der Natur tatsächlich mit Bezug auf ein transzendentales Prinzip rechtfertigen lassen. Dies hat Kant nach eigener Aussage selbst lange nicht für möglich gehalten. Noch in der Kritik der reinen Vernunft (KrV) hat er für die ästhetischen Urteile eine solche Aussicht – also eine Allgemeinheit dieser Urteile – explizit für ‚verfehlt‘ abgetan (vgl. dazu KrV, B35 / A 21).
Die Vorlesung versucht einen Überblick über den gesamten Text der Kritik der Urteilskraft zu geben, und dabei sowohl die systematische Fragestellung im Blick zu behalten, als auch zentrale Argumentationen der verschiedenen Teile der dritten Kritik (Grundlegung der ästhetischen Urteile über das Schöne und Erhabene, die sog. Kunsttheorie, die Grundlegung des teleologischen Urteils, die Ethikotheologie) zu rekonstruieren und ihren Zusammenhang aufzuzeigen. Dabei sollen an einzelnen Stellen auch editorische Fragen thematisiert werden und Kants zahlreiche, aber oft wenig hilfreiche Beispiele aus dem Kontext der zeitgenössischen Diskussion heraus entschlüsselt werden.
Grundlage ist Kants Kritik der Urteilskraft - geeignet ist jede Edition, die die Seitenzahlen der sog. Akademie-Ausgabe verzeichnen.
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