Kommentar |
Notre-Dame ist nicht die größte, nicht die höchste und vielleicht auch nicht die schönste aller gotischen Kathedralen. Sie war „nur“ Sitz eines einfachen Bischofs und hatte auch für die französischen Könige keine überragende Bedeutung (jedenfalls im Vergleich zur Grablege in Saint-Denis oder zur Krönungskirche in Reims). Dennoch ist Notre-Dame in Paris zweifellos die berühmteste Kirche Frankreichs, beim Brand vor zwei Jahren trauerte nahezu die ganze Welt um sie. Ihre Berühmtheit verdankt sie nicht zuletzt ihrer „Wiederentdeckung“ im 19. Jahrhundert, zunächst durch den Romancier Victor Hugo, der ihr seinen bekanntesten Roman widmete, ehe der Architekt Viollet-le-Duc mit einer ebenso umfassenden wie schöpferischen, das Bild von Notre-Dame bis heute prägenden Restaurierungskampagne europaweit Beachtung finden sollte. Aber schon viel früher, bald nach dem Baubeginn 1160, hatte die Kathedrale große Resonanz erfahren: einerseits, weil die Baustelle von Notre-Dame als herausragendes Bauprojekt in der französischen Hauptstadt über mehrere Jahrhunderte viele der besten Künstler anzog; andererseits, weil auch die Stadt Paris als politische, intellektuelle und kulturelle Metropole ein Anziehungspunkt für potenzielle Auftraggeber von Bau- und Kunstwerken aus ganz Europa war. Die Vorlesung widmet sich Notre-Dame in dreifacher Weise: Erstens in ihrem exemplarischen Charakter als Hauptwerk der gotischen Architektur und Skulptur zwischen dem mittleren 12. und frühen 14. Jahrhundert; zweitens in ihrer Ausstrahlung als europaweit bekanntes und weit über Frankreich hinaus rezipiertes Zentrum künstlerischer Innovation; drittens in ihrer als Bedeutung als Denkmal, Symbol und Mythos, als ein Bauwerk, das über die Jahrhunderte ständig verändert, neu erfunden und auch künstlerisch immer wieder neu interpretiert wurde. |
Literatur |
Einen knappen Überblick über die Geschichte des Baus von Notre-Dame gibt Christian Freigang in: https://www.zeit.de/kultur/2019-04/notre-dame-paris-kunstgeschichte-zentrum-frankreich
Einen Einstieg in die Thematik ermöglichen auch diese üppig bebilderten Bücher: - Notre-Dame de Paris, hrsg. v. André Vingt-Trois, Straßburg 2012 - Alain Erlande-Brandenburg: Notre-Dame in Paris. Geschichte – Architektur – Skulptur, Freiburg / Basel / Wien 1991. |