Kommentar |
Bachelor
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BA_VK 2, BA_VK 3 B, BA_VK 4 B
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Master
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MVK 1 B, MVK 2, MVK 3, MVK 4, MWVK
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Nichts tun, irgendwo herumhängen und darüber kluge Sachen schreiben? Kein Problem in der Volkskunde (Empirischen Kulturwissenschaft)! Wie das gehen kann? Durch ethnographisches Schreiben. Wie man ethnographisch schreiben kann? Das lernen Sie in diesem Projektseminar. Es dient dazu, Sie in qualitativer Forschung und kulturtheoretischer Argumentation über alltagskulturelle Phänomene auszubilden.
Ethnographisches Schreiben ist Handwerk und Kunst zugleich – Handwerk, da Rhetorik und Thematik den Schreibweisen und Konventionen des Fachs unterworfen ist, sowie ethischen, ästhetischen und ökonomischen Regeln der Wissenschaftsproduktion unterliegt; Kunst, da es sich bei diesem Akt um die Verwandlung sinnlicher Erfahrung in aufgezeichnete Erkenntnis handelt. Daher besitzt die Ethnographie „alle Kräfte des geliebten Buches: es ist eine Enzyklopädie, die die ganze Wirklichkeit, auch die belangloseste, die sinnlichste, notiert und klassifiziert; diese Enzyklopädie verfälscht nicht den Anderen mit einer Reduzierung auf den Gleichen; die Aneignung nimmt ab, die Selbstgewissheit verliert an Ballast.”
Inzwischen wird Ethnographie in vielen Wissenschaften eingesetzt. Doch nur die Kultur- und Sozialanthropologien können auf die reiche Kultur der Selbstreflexion und der kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen Schreibkultur zurückblicken. Sie stellen sich daher folgenden Fragen: Wie viel spiegeln Ausdruck, Inhalt und Form das Beobachtete, welche Rolle besitzt das schreibende Ich in Relation zum Feld und den Gesprächspartner:innen? Wie entsteht ethnographische Erkenntnis? Welchen Rhythmen der Reflexion und Analyse unterliegt sie? Wie gestaltet sich eine gelungene Verschränkung von Empirie und Hermeneutik?
Das Projektseminar ist als „Werkstatt” konzipiert, in der durch gemeinsame Lektüre und eigene Schreibübungen Vorstellungen eines eigenen Stils entwickelt werden können. Am Ende steht die Redaktion einer illustrierten Zeitschrift, bzw. eines Schreibmagazins. Als gemeinsames Thema des Seminars stellt – in Verbindung mit der Vorlesung zum Nichtstun – die (auto)ethnographische Befragung einer Welthaltung.
Es handelt sich um den ersten Teil eines zweisemestrigen Projektseminars. Die Veranstaltung kann auch als normales einsemestriges Seminar verbucht werden. Bachelor- und Masterstudierende können sich die Seminare nach Rücksprache für benötigte Module anrechnen lassen.
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Literatur |
Einführende Literatur: Anne Dippel: Der Erlebnisstrom. Ein Werkzeug ethnographischen Schreibens, in: Berliner Blätter 68 (2015), S. 72-83. Thomas Nagel: Wie ist es eine Fledermaus zu sein? in: Peter Bieri (Hrsg.): Analytische Philosophie des Geistes, Weinheim 1997, S. 261 – 275. Paloma Gay y Blasco/Huon Wardle: How to read Ethnography, London 2006. |