Theorien der Internationalen Beziehungen sind wissenschaftliche Gedankengebäude, die jeweils auf spezifische Art und Weise Phänomene internationaler Politik erkennen und erklären. Der Konstruktivismus, eine jener Theorien, geht im Kern von einer sozialen Konstruktion politischer Wirklichkeit aus. Somit sind politische Strukturen nicht manifest, sondern abhängig von sozialen und kulturellen Faktoren - und in weiterer Konsequenz veränderbar. Die Macht von Ideen und Weltbildern rückt so ins Zentrum der Analyse (vgl. Wendt 1992).
Entstanden ist die IB-Theorie des Konstruktivismus im Wechselspiel mit Soziologie und Kulturwissenschaften (vgl. Berger/Luckmann 1980). Apropos Wechselspiel und theoretische Neuerungen:
Turns bilden neue theoretische Zugänge und Konzepte sowie Analysekategorien und Schwerpunktverlagerungen heraus. Überdies wirken sie begriffsbildend und haben häufig methodische Innovationen zur Folge. Mit anderen Worten: Turns generieren Impulse.
In den letzten Jahren sind ästhetische Zugänge, die etwa die Macht der Bilder oder performative Widerstandspraktiken in den Blick nehmen, Teil des Theoriekanons Internationaler Beziehungen geworden. Manch einer spricht in diesem Zusammenhang gar von einem „Aesthetic Turn” (vgl. Bleiker 2001). Der Begriff der Ästhetik meint hier, dem ursprünglichen Wortsinn (asithesis) entsprechend, einen komplexen Begriff, der sowohl die sinnliche Darstellungsweise eines Phänomens als auch dessen kognitiven Folgen in den Blick nimmt (vgl. Baumgarten 1983). Die Art und Weise wie etwa Konflikte und Krisen medial verbreitet werden, nimmt Einfluss auf die Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsstrukturen der Rezipierenden.
Im Rahmes des Seminars „Der Aesthetic Turn aus konstruktivistischer Perspektive” betrachten wir sowohl die theoretischen Kernannahmen des Konstruktivismus als auch neuere theoretische Perspektiven rund um den sogenannten „Aesthetic Turn”. Die Suche nach theoretischen Synergien ist Ziel des Seminars.
Das Seminar findet in Doppelsitzungen statt und endet zur Mitte des Sommersemesters.
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