Das Denken von Michel Foucault und Pierre Bourdieu verbindet die Gemeinsamkeit radikaler Neubestimmungen der Rolle von ‚Subjekten‘ bzw. ‚Menschen‘ für die soziologische Theorie. Beide Ansätze haben die Entwicklung des Fachs bis in aktuellste Debaten hinein beeinflusst.
Während Foucault in einer vielzitierten Aussage sinngemäß das ‚Ende des Menschen‘ verkündet hat und Bourdieu (mit einem Zitat von Leibnitz) davon ausging, dass handelnde Menschen „zu Dreiviertel […] Automaten” seien, gehen beide Theoretiker jedoch davon aus, dass das handelnde Subjekt weiter eine zentrale Kategorie für gesellschaftstheoretische Analysen bleiben muss.
Allerdings kreisen die Überlegungen von Bourdieu und Foucault um die Frage, wie ‚Handlungsfreiheit‘ und die 'Macht' der Gesellschaft über uns als Menschen in ihrer Gleichzeitigkeit begriffen werden können. Für beide Autoren nommt dabei der menschliche Körper als Schnittpunkt sozialer Verhältnisse und Beziehungen eine wichtige Rolle ein. Foucault und Bourdieu zeigen in je eigener Weise, dass und wie Gesellschaft als ‚im‘ Menschen verankertes und zugleich als von sozialen Gegensätzen, Spannungen und Kämpfen durchzogenes ‚Kräftefeld‘ begriffen werden kann:
Wie und was Menschen ‚begehren‘ (Foucault), wie wir uns bewegen, sprechen, was die Vorlieben unseres (ästhetischen) Geschmacks bestimmt (Bourdieu) – aber auch was für wen Abneigung und Ekel hervorruft, wird so zum Ausgangspunkt komplexer Analysen der Gegenwartsgesellschaft als 'Ganzer', die manche (moderne) Selbstgewissheit erschüttern.
Im Seminar wird vor diesem Hintergrund in die Theorien von Foucault und Bourdieu eingeführt, um zunächst deren innovative Beiträge zur Lösung soziologischer Grundprobleme vergleichend zu rekonstruieren. Darüber hinaus soll in der Auseinandersetzung mit den kritischen (und auch politischen) Ansprüchen beider Autoren diskutiert werden, was sozialwissenschaftliche Aufklärung über die Gegenwartsgesellschaft zu sagen hat, wenn das Handeln, Leben und Denken aller Menschen unter den Verdacht gestellt wird, von Macht- und Herrschaftswirkungen durchdrungen zu sein. |