Kommentar |
Unser Verhalten gegenüber Menschen, Tieren, Objekten und Ereignissen wird maßgeblich davon beeinflusst, wie wir diese bewerten. Psychologische Forschung zum Einstellungserwerb geht davon aus, dass Bewertungen von Einstellungsobjekten auf mehreren, deutlich verschiedenen Wegen zustande kommen können. Zum einen können Bewertungen gebildet werden, indem man die Beziehung des Einstellungsobjekts zu anderen (positiven oder negativen) Einstellungsobjekten analysiert und daraus eine Bewertung ableitet; beispielweise könnte eine uns unbekannte Person positiv bewertet werden, weil wir sie dabei beobachten, wie sie in der Natur herumliegenden Müll einsammelt und angemessen entsorgt. Zum anderen besteht (zumindest theoretisch) die Möglichkeit, dass Einstellungen und Bewertungen auch ohne Beteiligung von rationalem und bewusstem Denken entstehen können; so besagen assoziative Modelle des Einstellungserwerb, dass die Bewertung eines Einstellungsobjekts auch von einfachen Assoziationen im Gedächtnis getrieben sein kann. Der Annahme nach werden diese Assoziationen durch die bloße Wahrnehmung von gemeinsam auftretenden Einstellungsobjekten gebildet – ohne dass dafür eine bewusste und rationale Interpretation des Wahrnehmungseindrucks nötig wäre. Somit wäre es auch möglich, dass die o.g. Müll einsammelnde Person negativ bewertet wird – nämlich dadurch, dass sich eine mentale Assoziation zwischen der Person und Müll gebildet hat.
Der Erwerb von Einstellungen und Bewertungen wird häufig mithilfe einer evaluative conditioning (EC) Prozedur untersucht: in dieser Lernprozedur werden neutrale Einstellungsobjekte (z.B. eine unbekannte Cartoon-Figur) gemeinsam mit positiven oder negativen Einstellungsobjekten (z.B. Bilder von Blumen oder Spinnen) präsentiert, und anschließend wird die Bewertung der (ursprünglich) neutralen Einstellungsobjekte erfasst. Dabei zeigt sich typischerweise, dass neutrale Einstellungsobjekte, welche zuvor mit positiven Einstellungsobjekten gepaart wurden, positiver bewertet werden als Einstellungsobjekte, welche zuvor zusammen mit negativen Einstellungsobjekten gezeigt wurden. Dieser sogenannte EC Effekt kann von beiden o.g. theoretischen Perspektiven erklärt werden: zum einen könnte das bloße gemeinsame Auftreten der Einstellungsobjekte zu Assoziationen im Gedächtnis führen; zum anderen ist es auch möglich, dass das gemeinsame Auftreten im Sinne einer bestimmten Beziehung zwischen den Einstellungsobjekten interpretiert und daraus eine Bewertung abgeleitet wird.
Im Projektseminar soll untersucht werden, auf welchem Weg EC Effekte zustande kommen. Ein besonderer Fokus soll dabei auf der Verwendung von innovativen Methoden der Bewertungsmessung liegen (z.B. Propositional Evaluation Paradigm, Multinomial Processing Tree Modeling). |