Kommentar |
Wird von der Wirtschaftsgeschichte der Juden im Mittelalter gesprochen, lautet die gängige Vorannahme meist so: Aus Landwirtschaft und Zünften verdrängt, waren sie ausschließlich in Handel und Geldleihe anzutreffen. Wenngleich diese Vorstellung schon seit einiger Zeit als widerlegt gelten darf, verkennt sie jedoch jene Zeiten, in denen es beispielsweise (abgesehen von Byzanz) noch gar kein ausdifferenziertes Zunftwesen gab. Überhaupt werden die ersten Jahrhunderte des Mittelalters, wenn es um die Wirtschaftsgeschichte der Juden geht, erschreckend oft vernachlässigt. Das Seminar wird genau diesen Abschnitt der Epoche unter die Lupe nehmen und nach Berufen und weiteren wirtschaftlichen Aktivitäten jüdischer Menschen fragen. Hatte beispielsweise Karl der Kahle einen jüdischen Leibarzt? Gab es zu dieser Zeit überhaupt schon Geldleiher? Hat tatsächlich ein jüdischer Henker einen byzantinischen Kaiser geblendet? Diesen und weiteren Fragen wird das Seminar nachgehen. Dabei werden sowohl christliche als auch jüdische Zeugnisse herangezogen. Kenntnisse des Hebräischen sind daher von Vorteil, jedoch keine Voraussetzung.
Einführende Literatur: Michael Toch, The Economic History of European Jews. Late Antiquity and Early Middle Ages (Études sur le Judaïsme Médiéval 56), Leiden 2013. Michael McCormick, Origins of the European Economy. Communications and Commerce A.D. 300-900, Cambridge 2001. Hans-Werner Goetz, Europa im frühen Mittelalter 500–1050, Stuttgart 2003. |