Seit dem frühen 19. Jahrhundert bildeten die zahlreichen (Männer-)Chöre und Singvereine das Rückgrat des bürgerlichen Kulturlebens. Sie fanden sich nach dem Vorbild der Berliner Singakademie (Carl Fr. Zelter) und des Zürcherischen Singinstituts (Hans G. Nägeli) zusammen, um die Werke alter Meister ebenso wie die der Zeitgenossen einzustudieren und öffentlich aufzuführen. Für den wachsenden Bedarf an geeigneter Chorliteratur schufen daher auch viele namhafte Komponisten wie Franz Schubert, Friedrich Silcher, Felix Mendelssohn Bartholdy, Johannes Brahms oder Max Reger unzählige Werke, die heute – im Zeichen einer sich wandelnden Chorkultur – zunehmend in Vergessenheit geraten.
Die Entwicklung verdrängte allmählich gerade in Thüringen die Tradition der Adjuvantenchöre, die seit Jahrhunderten in vielen Städten und Dörfern das Musikleben geprägt und dabei stets ein aktuelles/zeitgenössisches Repertoire gepflegt hat.
In diesem Seminar soll einerseits ein gattungsübergreifender Überblick über das Chorrepertoire jener Zeit erarbeitet werden. Andererseits soll auch das gesellschaftliche und politische Spannungsfeld beleuchtet werden, vor dessen Hintergrund die Bedeutung des Chorwesens für die Geschichte der Musik und für die politische Entwicklung Deutschlands gleichermaßen zu bewerten ist.
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