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MA-Seminar (Online): Geld oder Leben – Sorge und Sorgearbeit im Kapitalismus
Im späten Kapitalismus soll nicht nur Arbeit, sondern das ganze Leben Maximen von Effizienz und Profit unterworfen werden. Sorge und Sorgearbeit werden dabei global neu geordnet. Sie sind technologisch, wirtschaftlich, zivilgesellschaftlich und ‚privat‘ umkämpft. In die neue Ordnung des Sorgens schreiben sich alte Macht- und Herrschaftsverhältnisse nach Gender, Race, Class ein. In einer aktuellen Buchpublikation betrachten Brigitte Aulenbacher, Cornelia Klinger und Tine Haubner das gegenwärtige spätkapitalistische Sorgeregime aus philosophischen und soziologischen Perspektiven. Ihre Sozial- und Zeitdiagnosen verbinden sie mit der Suche nach Wegen aus den Krisen gesellschaftlicher Reproduktion. Um diese Diagnosen, die erst in diesem Jahr in Buchform erscheinen werden, soll es in diesem Seminar gehen. Dabei folgt der Seminarablauf der Dramaturgie der aktuellen Buchpublikation sowie begleitenden und ergänzenden Zusatztexten:
Der Beitrag von Brigitte Aulenbacher thematisiert die forcierte Kommodifizierung, Vermarktlichung, Industrialisierung und Technologisierung des Sorgens, die Transnationalisierung von Arbeit und Politik, der Wandel von Sozialstaatlichkeit und Governance. Sie sind, so die These des Aufsatzes, Teil einer globalen Neuordnung des Sorgens, die mit Veränderungen von Sorgeanforderungen, -ansprüchen und -arbeit und der Herrschaftsverhältnisse und Ungleichheiten einhergeht, in denen sie ausgeprägt werden. Sie ist umkämpft und fordert dazu heraus, wirtschafts- und sorgedemokratische Perspektiven neu aufeinander zu beziehen.
Der Beitrag von Tine Haubner zielt darauf ab, zentrale Charakteristika des aktuellen Regimes sozialer Reproduktion mithilfe eines marxistisch-feministisch inspirierten Theorierahmens einzufangen. Bezugnehmend auf die Analyse sozialer Reproduktion, erfolgt eine kritische Auseinandersetzung mit Marx‘ Werk, eine feministische Weiterentwicklung des Marxschen Ausbeutungsbegriffes sowie eine Analyse des gegenwärtigen Reproduktionsregimes. Dieses wird dabei mit Blick auf aktuelle Sozialpolitiken und das Leitbild „Sorgender Gemeinschaften” kritisch beleuchtet. Die Kernthese lautet, dass das gegenwärtige Reproduktionsregime den strukturellen Widerspruch zwischen „people making” und „profit making” mithilfe der Ausbeutung informeller Reproduktionsarbeiten auch über die Familie hinaus zu lösen versucht.
Der Beitrag von Cornelia Klinger widmet sich schließlich den Gründen für die Koinzidenz zwischen Neoliberalismus bzw. Spätkapitalismus und den Ansätzen zu einer „globalen Neuordnung des Sorgens” in einer neuen Welle der industriellen Revolution. Die „dritte industrielle Revolution” betrachtet Klinger dabei als Motor, der Neoliberalismus, Spätkapitalismus und die neue Sorgeordnung gleichermaßen (wenngleich auf verschiedene Weise) antreibt. In Kapiteln zum „Eintritt des Lebens in das Zeitalter seiner technologischen Produzierbarkeit” sowie zu „Lebenssorge und ihre Neuordnung in der Verschiebung der Grenzen der Gesellschaft”, zeichnet die Autorin die Etappen der gesellschaftlichen Entwicklung von Sorgeregimen von archaischer souveräner Herrschaft über moderne staatliche Zeichen-und-Körper-Politik (Biopolitik) bis hin zur gegenwärtigen spätkapitalistisch-globalen Lebensökonomie kritisch nach.
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