Kommentar |
Stellen sich die Schüler das Leben in der griechischen Polis nur plastisch genug vor, können sie begreifen, dass die Nikomachische Ethik des Aristoteles ein Versuch ist, die Bedingungen, die Dimensionen, die Chancen und die Risiken der Lebensgestaltung des einzelnen Bürgers ganz nüchtern und unvoreingenommen auszuloten. Damit eröffnet sich für die Schüler eine Perspektive für eine engagierte Auseinandersetzung mit einem der wichtigsten Vertreter der antiken Lebensklugheit. Tugend ist dabei kein eingestaubter Begriff, der sich bloß aus der Distanz der philosophischen Betrachtung ausfalten lässt. Seine eigentliche Radikalität lässt sich nur erfassen, wenn wir uns vor Augen führen, was passiert, wenn der Mensch trotz eines tugendhaften Charakters ins Straucheln gerät. Die Fallhöhe des Helden in den antiken Dramen ist gerade jene Fallhöhe der Tugend, die der Theaterzuschauer in der Polis im Blick hat. Den ‚Blick‘ dieses Zuschauers wollen wir im Seminar systematisch untersuchen und aufdecken. |