Kommentar |
Der Begriff der Macht ist eine Schlüsselkategorie der soziologischen und gesellschaftstheoretischen Gegenwartsdiagnose. Aktuelle Machtanalysen nehmen dabei das Problem in den Fokus, dass trotz der wachsenden Bedeutung von Ideen der Freiheit und Autonomie in modernen Gesellschaften nach wie vor zugleich zahlreiche Zwänge und ungleich verteilte Handlungschancen die soziale Ordnung bestimmen. Während frühere Ansätze soziologischer Machttheorien in diesem Zusammenhang vor allem auf manifeste gesellschaftliche Konflikte und auf repressive Formen der Machtausübung abstellten, hat die Soziologie seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zum einen eine zunehmende Pluralisierung gesellschaftlicher Machtverhältnisse konstatiert und zum anderen die scheinbare Komplementarität von individuellen Freiheitsansprüchen und allgemeinen institutionellen Funktionsweisen beobachtet. Damit wird die Frage aufgeworfen, ob Macht als Mechanismus bzw. Prinzip der sozialen Ordnung ‚verschwindet‘ oder aber neu begriffen werden muss.
Im Seminar sollen vor diesem Hintergrund zentrale Debatten um den Machtbegriff rekonstruiert, in den Kontext allgemeiner gesellschaftstheoretischer Problemzusammenhänge eingeordnet sowie schließlich für die Analyse moderner Gesellschaften als ganze fruchtbar gemacht werden. Dabei werden verschiedene Machtbegriffe diskutiert und auch die Frage verfolgt, ob und inwiefern Machteffekte, die mit den jeweiligen Begriffen gefasst werden sollen, an konkreten Phänomenen (z.B. Veränderungen der Arbeitswelt, der allgemeinen Lebensführung, den Geschlechterverhältnisse…) sichtbar werden. |