Kommentar |
Seminarleiterin: Dr. des Evelyn Reuter
Religionen werden häufig bei der Untersuchung anhaltender Transformationsprozesse im postsozialistischen Südosteuropa vernachlässigt, im Kontext nationsbildender und -stärkender Strategien oder als sogenanntes volksreligiöses Erbe betrachtet. Obwohl Religionsgemeinschaften von der Landespolitik abhängig sind, sind sie dennoch eigenständig handelnde Akteurinnen. Nachdem Zerfall Jugoslawiens erhielten die Religionsgemeinschaften zuvor enteignete religiöse Objekte zurück, wodurch sie auch die Verwaltung von architektonischen und kunsthistorischen Erbstücken sowie von touristischen Sehenswürdigkeiten übernahmen. Weitverbreitet unter der Bevölkerung Südosteuropas ist auch die Vorstellung, der Besuch heiliger Orte oder verschiedene religiöse Praktiken hätten heilende Wirkung. Mit COVID-19 wurden außer den vorgestellten Zusammenhängen von Schulmedizin und religiösen Heilkräften auch das humanitäre Potential deutlicher als zuvor.
Im Seminar soll die im Zusammenhang mit COVID-19 ausgelöste weltweite Digitalisierungswelle genutzt werden, um das Verhalten und die Darstellung von Religionsgemeinschaften im postsozialistischen Südosteuropa in sozialen Medien zu untersuchen. YouTube, Facebook, Twitter, und Co. bieten als interaktive Plattformen für Nutzer*innen die Möglichkeit, Statements abzugeben, zu kommentieren, zu teilen oder zu "liken" und somit mediale Diskurse mitzubestimmen. Gleichzeitig bieten die sozialen Medien für Wissenschaftler*innen einen großen Pool mit Informationen darüber, was Einzelne und Gruppen bewegt und wie sich das Verhältnis von institutionalisierten Religionsgemeinschaften zu Einzelpersonen und anderen Organisationen gestaltet. |