Kommentar |
Ziel der Lehrforschung ist es, soziale Konflikte um ökologische und soziale Nachhaltigkeit an ausgewählten Beispielen zu untersuchen. Dem liegt die These zugrunde, dass sich die frühindustrialisierten Länder inmitten einer ökonomisch-ökologischen Zangenkrise von historisch neuer Qualität bewegen. Zangenkrise besagt, dass das wichtigste Mittel zur Überwindung ökonomischer Stagnation und zur Pazifizierung interner Konflikte im Kapitalismus, die Generierung von Wirtschaftswachstum, unter Status-quo-Bedingungen (hoher Emissionsausstoß, ressourcen- und energieintensive Produktion auf fossiler Grundlage) ökologisch zunehmend destruktiv und deshalb gesellschaftszerstörend wirkt. Der alte industrielle Klassenkonflikt verwandelt sich mehr und mehr in einen sozialökologischen Transformationskonflikt. Wie dies geschieht und auf welche Weise Klassenspannungen und ökologischer Gesellschaftskonflikt aufeinander einwirken, lässt sich nur empirisch klären. Wahrscheinlich ist jedoch, dass der Großkonflikt um eine ökologisch wie sozial nachhaltige, klimagerechte Ordnung auch künftig zwischen unterschiedlichen Lagern mit stark divergierenden Interessen und konkurrierenden politischen Ausrichtungen geführt wird.
Ob das so ist und wie dies geschieht, soll in der Lehrforschung anhand ausgewählter Beispiele aus sogenannten Karbonbranchen untersucht werden. Denkbar sind Beispiele aus dem Energie- und dem Verkehrssektor. Im Rahmen der Lehrforschung soll eine explorative Studie entstehen, die auf qualitativen Methoden basiert. Die Veranstaltung wird voraussichtlich in drei Phasen ablaufen. Die erste Phase dient der Einarbeitung in das Thema, der Entwicklung von Arbeitsthesen und der Aneignung des methodischen Instrumentariums. Dazu wird auf die qualitative Inhaltsanalyse zurückgegriffen, mit der selbst erhobene Interviews und Dokumente ausgewertet werden. Entsprechend vertiefen und üben wir die Entwicklung eines Interview-Leitfadens, die Interviewführung und -auswertung, sowie die theoretischen Grundlagen und die methodische Anwendung von Verfahren qualitativer Inhaltsanalyse. Die Vorlesungsunterbrechung und das zweite Semester dienen der Erhebung, Auswertung (Phase zwei), Diskussion und Verschriftlichung der einzelnen Teilforschungen, auf die dann das Verfassen der Gruppenberichte als Prüfungsleistung am Ende des zweiten Semesters folgt (Phase drei).
Die Lehrforschung wird als Hybrid durchgeführt (teils Präsenz, teils online). Sie richtet sich an Studierende, die sich für die sozial-ökologische Transformation und die damit einhergehenden sozialen Spannungen interessieren. Eine kontinuierliche Mitarbeit auch in der vorlesungsfreien Zeit ist daher eine zentrale Voraussetzung. Die Bereitschaft, Texte gründlich zu lesen, aktiv zu diskutieren und in Gruppen zu arbeiten wird vorausgesetzt. Nach Möglichkeit soll die Lehrforschung in eine Buchpublikation einmünden. Deshalb ist Interesse am Thema und Lust auf empirische Forschung für eine Teilnahme unabdingbar. |