Kommentar |
Der moderne Antisemitismus entwickelte sich im 19. Jahrhundert und erreichte in der den Massenmord an den Juden vorbereitenden nationalsozialistischen Propaganda im 20. Jahrhundert eine bis dahin nicht gekannte Radikalisierung. Allerdings blieb Judenfeindschaft in verschiedenen Formen in Deutschland auch nach 1945 und bis heute weiter präsent. In literarischen Texten sind antisemitische Einstellungen und Stereotype auf vielfältige Weise dargestellt und reflektiert, oft auch befördert worden. Dabei hat die Frage nach einer vermeintlichen oder tatsächlichen antisemitischen Tendenz immer wieder zu intensiven Debatten geführt – im literaturwissenschaftlichen Rahmen etwa in Hinblick auf Thomas Mann oder die Gruppe 47, im größeren öffentliche Rahmen etwa im Fall von Rainer Werner Fassbinders Skandalstück „Der Müll, die Stadt und der Tod“ oder Martin Walsers Roman „Tod eines Kritikers“. Im Seminar sollen am Beispiel ausgewählter Texte und Debatten zum einen Kontinuitäten und Veränderungen des Antisemitismus im 20. Jahrhundert analysiert werden. Zum anderen soll diskutiert werden, wann und nach welchen Kriterien literarische Texte selbst als antisemitisch eingestuft werden können. |