Update zur aktuellen Situation (20.04.2020)
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Liebe Studierende,
die Grounded Theory als Forschungsstil wird öfter als „Werkzeugkasten“ beschrieben, aus dem passende Methoden für den spezifischen Gegenstand ausgesucht werden. Auch in diesem Seminar muss nun flexibel auf die aktuellen Umstände reagiert werden und es wird nun (vorerst?) online stattfinden. Auch mit verkürztem Semester und Online-Kommunikation werden wir uns bestmöglich die Grundlagen dieser Methodologie erarbeiten und an einem praktischen Beispiel zur Anwendung bringen.
Zu Beginn des Semesters erhalten Sie nähere Informationen, einen Seminarplan und alle notwendigen Texte. Bitte überprüfen Sie dafür ab Semesterstart am 4.5. ihre E-Mails. Das Seminar findet dann im wöchentlichen Rhythmus (Freitag, 10–12 Uhr), nicht wie bisher 14-tägig statt. Für die erste Sitzung und ein Kennenlernen plane ich eine Web-Konferenz, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Die Einladung folgt rechtzeitig. Wenn es vorher technische Probleme gibt, kontaktieren Sie mich gern per E-Mail (carola.klinkert@uni-jena.de).
Die gemeinsame Plattform ist Moodle, dort soll im Laufe des Semesters gemeinsam ein Glossar zur Grounded Theory erarbeitet werden und ein Raum für Austausch über Texte und kleinere Übungsaufgaben entstehen. Auf dieser Basis soll am Ende ein zusammenfassender Bericht mit einer Reflexion der eigenen Analyseergebnisse als Prüfungsleistung entstehen.
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„Authentisch sein – eine Anleitung” oder „7 Tipps für mehr Authentizität” – paradoxe Aufforderungen wie diese durchziehen das Ratgebergenre. Expert*innen des Alltags statten das Individuum darin rezeptförmig mit Wissen und praktischen Hinweisen für die Suche und Verwirklichung eines wie auch immer gearteten „wahren” Selbst aus. Wie passt dies mit Appellen zur Selbstoptimierung, zur Anpassung von Verhalten, Körper, Denken und Fühlen an gesellschaftliche Anforderungen, zusammen? Ratgebertexte speisen sich dabei aus verschiedensten Wissensbeständen, es werden komplexe, zeitgenössische Diskurse in praktisches, handlungsleitendes Wissen für die Subjekte übersetzt, womit die Soziologie auf den Plan gerufen ist. Das Hauptaugenmerk liegt hier auf der diskursiven Konstruktion von Gefühlen.
Diesem Themenfeld nähern wir uns mit der Grounded Theory Methodologie (GTM), in die hier sowohl im Sinne eines Forschungsstils als auch einer praktischen Methode der Textkodierung eingeführt wird. Als Grundlage dienen dabei zunächst klassische Texte (v.a. Strauss & Corbin), am Ende wird ein Ausblick auf Weiterentwicklungen dieser Forschungstradition gegeben. Im Modus einer solchen gegenstandsbezogenen Theoriebildung vollziehen wir einen qualitativen Forschungsprozess von der Entwicklung einer passenden Fragestellung über die systematische Materialauswahl nach und erproben die Methode der Kodierung und Kategorienbildung auch praktisch anhand passender Ratgebertexte. Sukzessive sollen so empirisch gewonnene Einsichten mit (wissens-)soziologischem Vokabular und im Kontext soziologischer Forschung zu Emotionen diskutiert werden. |