Kommentar |
„Es ist ein gutes Zeichen, dass sie mich hassen” (Spiegel Online 2019) sagt Greta Thunberg, die von vielen als „Superstar” der nachhaltigen Klimapolitik gefeiert und/oder gar geliebt wird, im Interview mit Hecking und Schönberger.
Seit 2018 ging Greta Thunberg (*2003) freitags nicht in die Schule, sondern auf die Straße. Sie protestierte dort für die Umsetzung der Pariser Klimaabkommen. Nicht zuletzt daraus entstand die „Fridays For Future”-Bewegung, die sich auf globaler Ebene für eine nachhaltige Klimapraxis einsetze und sich inzwischen diversifizierte. Greta Thunberg ist zur Ikone der Klimapolitik avanciert und spricht nicht nur im Namen der Schüler*innen, sondern über die Generationen, Geschlechter und Milieus u.a. hinweg auf (inter-)nationalen Konferenzen (UN-Klimakonferenz, Weltwirtschaftsgipfel Davos u.a.). Sie hat tausende Follower offline und online. Online etwa via Social-Media-Kanäle. So wird ihr auf auf Facebook gefolgt und ihre Aussagen gelikt. Das ist die eine Seite.
Die andere Seite ist: Sie wird beschimpft, beleidigt, bedroht und abgewertet. Sie habe beispielsweise keine Ahnung vom Klima und sei selbst noch ein Kind, sie wird von Klima-Lobbyisten hingehalten und sie sei eigentlich krank. Begleitet werden diese Vorwürfe nicht selten von mädchen- und frauenverachtenden Praktiken: So ist beispielsweise ein Vergewaltigungssticker, welcher im Zusammenhang mit einer Öl-Industrie-Kampagne stehen soll, im Umlauf.
Ohne die Debatten und Praktiken hier vollständig abbilden zu wollen/können, wird doch sichtbar, dass „Greta Thunberg” zu einer Figur geworden ist entlang derer sich Meinungen, Positionen und Handlungen kristallisieren im Kampf darum, was richtig und falsch ist (vgl. Weedon 1990). Es ist der Kampf um das, was wirklich „Wahr” ist und damit der Kampf darum, wie Gesellschaft gemacht wird und gestaltet werden soll. Dieser „Greta Thunberg”-Kampf um (Be-)Deutung wird durch unterschiedliche Dimensionen wie Alter, Geschlecht, Gesundheit, Klasse strukturiert, die zur Auf- und Abwertung der Person "Greta Thunberg" und ihr Handeln führt.
Im Seminar wollen wir uns diesen "Greta Thundberg"-Debatten – Kampf um (Be-)Deutung – widmen. Ausgehend von einem diversitäts- und genderbezogenen Ansatz – doing gender/doing difference – werden wir uns medialen Berichterstattungen zu dem Phänomen Greta Thunberg nähern. Wie wird Thunberg über Zuschreibungen in Bezug auf Geschlecht, aber auch Alter, Gesundheit u.a. konstruiert? Wie geifen die unterschiedlichen (Ungleichheits-)Dimension ineinander? Und: In welchem Verhältnis steht das doing gender/difference u.a. zu Adultismus, Sexismus oder auch Diskriminierung aufgrund von Gesundheit/Disability?
Damit erhalten Sie im Rahmen des Seminars ein Einblick in die Geschlechter- und Diversitätssoziologie. |