Kommentar |
Die slawischen Sprachen und die sie tragenden Gemeinschaften sind keine isolierten Gebilde, sondern sie stehen im Kontakt mit ihrer sprachlichen und außersprachlichen Umwelt. Insbesondere in Mittel- und Osteuropa sowie auf dem Balkan leben viele verschiedene Sprachgemeinschaften auf relativ kleinem Raum neben- und miteinander. Daraus ergibt sich unmittelbar die Frage, welchen Einfluss diese Kontaktsituation auf Einzelsprachen und Sprecher*innen hat.
Im Seminar und dem zugehörigen Tutorium werden wir uns dieser Frage aus zwei Richtungen nähern und uns mit den beiden aktuell äußerst relevanten Themenkomplexen "Sprachkontakt" und "Herkunftssprachen" beschäftigen. Je nach Interesse der Teilnehmer*innen können wir bestimmte Fragen, Phänomene und Einzelsprachen aus verschiedenen Perspektiven beleuchten. Die Lehrveranstaltungen bieten den Studierenden somit die Möglichkeit der aktiven Mitgestaltung und Einbringung persönlicher Interessen.
Nach einer allgemeinen Einführung in die Kontaktlinguistik werden wir uns slawischen Sprachkontakten in Geschichte und Gegenwart widmen.
Im zweiten Teil werden wir auf Herkunftssprachen eingehen, deren Erforschung erst in jüngerer Zeit in den Blickpunkt gerückt ist. Besondere Berücksichtigung erfahren Fragen der Soziolinguistik, der Spracherwerbsforschung sowie der individuellen Sprachbiographie.
Praxisbezug und Relevanz: Sprachkontakt und Herkunftssprachen sind vor dem Hintergrund aktueller demographischer Entwicklungen von unmittelbarer sozialer, politischer und wirtschaftlicher Relevanz. Die Begriffe "Globalisierung", "Migration" und "Integration" sind regelmäßig in den Medien präsent, “(sprachliche) Identität” und “Mehrsprachigkeit” spielen auf verschiedenen Diskursebenen eine Schlüsselrolle. In der Sprachvermittlung gehört die Begegnung der Lehrenden mit herkunftssprachigen Kursteilnehmer*innen sowohl an den Schulen als auch an den Universitäten zum Alltag. |
Literatur |
- Anstatt, Tanja. (2013) Polnisch als Herkunftssprache: Sprachspezifische grammatische Kategorien bei bilingualen Jugendlichen. In: Deutsche Beiträge zum 15. Internationalen Slavistenkongress, Minsk 2013, hrsg. von Sebastian Kempgen et. al., 15-25. München: Otto Sagner.
- Anstatt, Tanja. (2017) Entwicklung des Russischen in Deutschland: Der Verbalaspekt im Russischen als Herkunftssprache. In: Handbuch des Russischen in Deutschland, hrsg. von Kai Witzlack-Makarevich & Nadja Wulff, 303-321. Berlin: Frank & Timme.
- Anstatt, Tanja. (2018) Input ohne Output: Rezeptiver Bilingualismus und sein Potenzial. In: Potenziale von Herkunftssprachen: Sprachliche und außersprachliche Einflussfaktoren, hrsg. von Grit Mehlhorn & Bernhard Brehmer, 15-38. (= Forum Sprachlehrforschung). Tübingen: Stauffenburg.
- Elmentaler, Michael (Hrsg.). (2009) Deutschland und seine Nachbarn. Frankfurt/Main u.a.: Peter Lang.
- Thomason, Sarah Grey & Kaufman, Terrence. (1991) Language Contact, Creolization, and Genetic Linguistics. Berkeley u.a.: University of California Press.
- Weinreich, Uriel. (1953) Languages in Contact. Findings and Problems. Den Haag u.a.: Mouton Publishers.
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