Das Philosophische Seminar der Universität Jena gilt während der Weimarer Republik als Hochburg eines antidemokratischen und nationalistischen bzw. völkischen Philosophieverständnisses. Für dessen Begründung beziehen sich die Protagonisten auf geistesgeschichtliche Strömungen und Traditionen, die für das universitäre Selbstbild weiterhin prägend sind. So begründet Bruno Bauch seine radikal antidemokratische Philosophie der Ungleichheit mit einer neukantianisch beeinflussten Theorie der Werte, Max Wundt beruft sich in seiner Agitation für einen auf völkischer Grundlage zu errichtenden Ständestaat auf den deutschen Idealismus und Carl August Emge bezieht sich in seiner offenen Parteinahme für den Nationalsozialismus auf die Philosophie Friedrich Nietzsches.
Im Seminar wollen wir gemeinsam untersuchen und diskutieren:
Wie wird der Bezug zu den philosophischen Traditionen und Klassikern jeweils hergestellt? Inwiefern radikalisieren sich die Diskurse im Laufe der Entwicklung? Und inwiefern tragen die philosohisch-politischen Auseinandersetzungen und Initiativen selbst zu Radikalisierungen bei? Wie sind die wissenschaftspolitischen und philosophischen Aktivitäten der Protagonisten wirkungsgeschichtlich einzuschätzen? Und was folgt aus solch problematischen Theoriebildungen für unseren Umgang mit der Tradition, für unsere Auffassung von und unsere Ansprüche an Philosophie insgesamt?
Das Seminar ist Teil eines Forschungsprojektes in Kooperation mit „Thüringen 19_19”. Das Projekt sieht öffentliche Veranstaltungen vor, von denen wir eine im Seminar gemeinsam vorbereiten und auch durchführen möchten.
Auf eine Phase wöchentlicher Sitzungen bis zum 15.11.2019, in der zentrale Grundlagen der philosophischen Landschaft der Zwischenkriegszeit sowie der Geschichte des philosophischen Seminars erarbeitet werden sollen, wird eine thematische Vertiefung in eigenständigen Arbeitsgruppen erfolgen. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppenphase werden in einer abschließenden Blocksitzung präsentiert. Der Termin wird zu Semesterbeginn bekannt gegeben.
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