Kommentar |
Bachelor
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BA_KG 3 A
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Master
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MKG 2 A
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Die grüne Insel am westlichen Rand Europas fasziniert die Deutschen seit Jahrzehnten. Sie steht für eine Welt außerhalb unserer hektischen Industriegesellschaft, „Kulturen der Stille“, viel unverbrauchte Landschaft, „fortyshadesofgreen“, Musik und Poesie, auch Pub-Kultur, Guinness und Whiskey. In Wirklichkeit ist Irland längst ein Teil Europas: nicht nur geographisch, sondern auch politisch als Mitgliedsstaat der EU. Und Irland hat sich in den zurückliegenden Jahrzehnten rapide angeglichen: Aus einem katholischen Land ist ein säkularisiertes geworden, aus einem ethnisch weitgehend homogenen ein kulturell pluralistisches Land, aus einer primitiven Agrargesellschaft eine Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft, die einen beträchtlichen Teil ihres Bruttosozialproduktes im digitalen Bereich erwirtschaftet.
Aus dieser Konstellation ergeben sich verschiedene Aspekte als kulturgeschichtliche Aufgabenstellungen: Zunächst einmal gilt es zu verstehen, worin die Eigenart Irlands liegt – natürlich aus seiner Geschichte, aus der Besiedelung durch Kelten, Wikinger, Anglonormannen, Schotten, Engländer. Der interessanteste Aspekt: Wie sich aus diesen schichtweisen Überlagerungen von Völkern mit ihren jeweils eigenen Wirtschafts- und Gesellschaftsformen, rechtlichen und religiösen Traditionen eine „irische Geschichte“ und „irische Identität“ entwickelten. Entscheidend wurde schließlich die seit dem 16. Jahrhundert erfolgte Kolonisierung durch die mächtige Nachbarinsel, welche dazu führte, daß Irland im 18. Jahrhundert völlig durch die englische Kultur überformt wurde, aber im Laufe des 19. Jahrhunderts im Zuge der nationalen Bewegung eine eigene Identität zu gewinnen suchte durch Rückbesinnung auf das gälische Erbe.
Ergebnis dieses Prozesses war schließlich die eigene Staatsgründung nebst einem mehrjährigen Bürgerkrieg sowie die Abtrennung der Republik des Südens vom Norden, welcher im staatlichen Verbund mit Großbritannien verblieb. Die ‚Troubles‘ seit den 1960er Jahren, Jahrzehnte des Terrorismus und der Gewalt, prägten die irische Geschichte bis zum Friedensabkommen von 1998.
Die Vorlesung bietet einen Überblick über die irische Geschichte im Längsschnitt unter Betonung der kulturellen Aspekte, aber auch unter Einschluß der wirtschaftlichen, sozialen, politischen und religiösen. Die Vorlesung soll nicht nur Einsichten in die irische Kultur vermitteln, sondern auch zu einem vertieften Verständnis von Kulturgeschichte als Zugang zu unserer Lebenswelt verhelfen. |