Braune Dörfer, multikulturelle Städte? – Die Lehrforschung geht davon aus, dass rechtes Denken und Handeln nicht allein in deindustrialisierten ländlichen Regionen zu finden ist. Vielmehr ist auch in urbanen Räumen eine Verfestigung rechtsautoritärer Orientierungen und eine daran anschließende politische Dynamik zu beobachten. Gegenwärtige rechte Dynamiken lassen sich als Teil, Ausdruck und Verstärker einer Krise der Demokratie verstehen.
Bisher ist noch wenig untersucht, was Städte zu Orten der Demokratiekrise macht und welche spezifischen urbanen Bedingungen es für demokratiefeindliche Bewegungen gibt. Während der städtische Raum immer auch ein Ort rechter Hegemoniebestrebungen und der Etablierung von No-go-Areas war, droht die Rechte mit der Stadt als politischem Thema die Krise der liberalen Demokratie zu ihren Gunsten nutzen zu können. Im urbanen Raum trifft sie auf städtische soziale Bewegungen, die sich seit nunmehr fast 15 Jahren global unter der Losung „Recht auf Stadt” gegen die neoliberale Restrukturierung, die profitgetriebene Mietpreisentwicklung oder die Kommodifizierung der Innenstädte wenden. Ihre damit auch verbundene Forderung nach Demokratisierung der Demokratie wird durch den Rechtsruck in verschiedener Hinsicht herausgefordert.
Die Lehrforschung geht „Stadt” und „Land” als Kontext politischer Orientierungen und sozialer Bewegungen nach. Die Fokussierung in der öffentlichen und sozialwissenschaftlichen Diskussion auf urbane Zentren einerseits und die dörfliche Peripherie andererseits soll dabei um die Betrachtung von Klein- und Mittelstädten erweitert werden. Diese Erkenntnisinteressen beziehen sich auf Debatten der politischen Soziologie, Sozialgeographie und Stadtforschung. Mit der Frage, wie sich Forderungen nach einem Recht auf (Klein-)Stadt zu rechten Hegemoniebestrebungen verhalten, schließt die Veranstaltung darüber hinaus an die Forschung zu sozialen Bewegungen an.
Die Lehrforschung erarbeitet über einen Zeitraum von zwei Semestern alle Stationen eines Forschungsprojekts – von der Erschließung des Forschungsstandes und der Festlegung einer Forschungsfrage über die Operationalisierung und die Datenerhebung bis hin zur Analyse und Ergebnispräsentation. Die Teilnehmer*innen verfolgen im Austausch mit der gesamten Forschungsgruppe kleine Teilprojekte. Dabei kommen Methoden der qualitativen Sozialforschung, wie Sozialraumanalysen, narrative Interviews und teilnehmende Beobachtungen zur Anwendung. Die Sitzungen finden zweiwöchentlich (jeweils 4 SWS) und an zwei Blockseminarterminen statt.
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