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Unteilbare Konflikte und geteilte Städte: Jerusalem, Nicosia, Berlin - Einzelansicht

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Grunddaten
Veranstaltungsart Seminar Langtext
Veranstaltungsnummer 153240 Kurztext
Semester WS 2018 SWS 2
Teilnehmer 1. Platzvergabe 25 Max. Teilnehmer 2. Platzvergabe 25
Rhythmus keine Übernahme Studienjahr
Credits für IB und SPZ
E-Learning
Hyperlink
Sprache Deutsch
Belegungsfrist Zur Zeit keine Belegung möglich
Abmeldefristen
Nach Zulassung ist eine Abmeldung nur durch den Dozenten möglich.

Nach Zulassung ist eine Abmeldung auch durch den Teilnehmer möglich.

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Termine Gruppe: 1-Gruppe iCalendar Export für Outlook
  Tag Zeit Rhythmus Dauer Raum Lehrperson (Zuständigkeit) Status Bemerkung fällt aus am Max. Teilnehmer 2. Platzvergabe
Einzeltermine anzeigen Mi. 16:00 bis 20:00 14t. 17.10.2018 bis
06.02.2019
Bachstrasse 18 - SR Bachstraße 18k (Raum 042)   findet statt  
Gruppe 1-Gruppe:



Zugeordnete Person
Zugeordnete Person Zuständigkeit
Rehrmann, Carolina , Dr. phil. verantwortlich
Zuordnung zu Einrichtungen
Institut für Politikwissenschaft
Inhalt
Kommentar

Geteilte Städte sind oftmals trauriges Sinnbild sogenannter "unteilbarer", d.h. langwieriger, schwer verhandelbarer, mitunter blutiger Konflikte. Spiegeln sie doch en minuature die sie umgebenden Streitigkeiten und Weltsichten der involvierten Parteien wider. Manche wiederum - wie Berlin - werden zum populären Symbol für ihre Überwindung.

Wer geteilte oder ehemals geteilte Städte besucht, dem eröffnen sich über ihre vilefältigen Botschaften des öffentlichen Raumes, über Architektur und Demographie, über Denkmäler und Feierlichkeiten, über alte und neue, tatsächliche und gedachte, betonte und vergessene Grenzen, Mauern und Zäune vielfältige Einblicke in die weiteren Konfliktstrukturen (in bestehenen Konflikten) oder in die Tiefe und Qualität der Vergangenheitsbewältigung (in überwundenen Konflikten). 

Warum ist das so? Aufschluss geben hier die Theorie der Unteilbarkeit (u.a. Kelman, Bar-Tal), das Konzept der kollektiven Erinnerung (Halbwachs, Assmann) und die Kulturanthropologie (u.a. Papadakis, Bischoff, Spiritova). Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie das vermeintlich Statische und Selbstverständliche infrage stellen und die vielfältigen Interessen und Wertungen von öffentlichen Botschaften und die politischen oder persönlichen Erzählungen, die sich mit ihnen verbinden, unter die Lupe nehmen. Denn Erinnerungen und ihre Repräsentationen sind nicht "unschuldig". Sie sind mitunter Ausdruck machtpolitischer Asymmetrien, widerstreitender Nationalnarrative und verbundener Kämpfe um Deutungshoheit.  

Nach einer Einführung in die Unteilbarkeitstheorie, die kollektive Erinnerung und kulturanthropologische Methoden wollen wir uns als gleichsam investigative Feldforscher mit der Lebenswirklichkeit drei geteilter bzw. ehemals geteilter Städte auseinandersetzen, die unterschiedlicher nicht sein könnten:

Berlin ist als Symbol einer glücklichen Fügung der Geschichte zum weltweiten Touristenmagneten avanciert. Es gibt institutionalisierte, von der Politik alljährlich bedachte Erinnerungsorte, wie die Gedenkstädte Berliner Mauer und das Holocaust Mahnmal, pop-kulturelle Orte wie die East-Side-Galery, sensible und weniger sichtbare Orte wie das ehemalige Stasi-Gefängnis in Hohenschönhausen oder umstrittene und vergessene wie das sowjetische Ehrendenkmal im Treptower Park. Was sagen diese und andere Orte Berlins, das Wissen um sie und der Umgang mit ihnen über Deutungshoheit, Verdrängung und die Qualität deutsch-deutscher Aufarbeitung der doppelten Erinnerung aus?

Die zypriotische Hauptstadt Nicosia ist Sinnbild eines nach wie vor ungelösten, aber kalten Konflliktes. Im Gegesatz zu Berlin ist sie nach wie vor geteilt. Im Süden leben die griechischen, im Norden die türkischen Zyprioten unter Besatzung der türkischen Armee. Quer durch die Hauptstadt läuft die sog. Grüne Linie, eine UN-administrierte Pufferzone, die im weiteren die gesamte Insel teilt. Der öffentliche Raum beider Seiten Nicosias erzählt von den konkurrierenden Leidensgeschichten der beiden Gemeinschaften, ist gespickt mit Fahnen und Huldigungen an die Nationalhelden, mit Museen, in denen der jeweils andere als Agressor, die eigene Gemeinschaft als Opfer erscheinen. Seit über vierzig Jahren wird ergebnislos um eine Wiedervereinigung verhandelt. Wird die Stadt also für immer geteilt bleiben? Während die öffentlichen Erinnerungsorte der Stadt ein Sinnbild für die Kompromisslosigkeit beider Seiten sind, ist zumindest in die Grenze Bewegung gekommen: War sie über dreißig Jahre hermetisch geschlossen, ist sie seit 2008 an mehreren Übergängen passierbar. Dennoch darf nicht jeder sie überschreiten. Was sagt das über den Konflikt und das Alltagsleben der Zyprioten in ihm aus? Welche gewollten, welche ungewollten und widerstreitenden Botschaften über den Zypernkonflikt eröffnet uns die Analyse des öffentlichen Raumes Nicosias?

Jerusalem schließlich ist wohl im Bewusstsein der Weltgemeinschaft eine der prominentesten, wenn nicht die prominenteste geteilte Stadt. Im Gegensatz zu Berlin und Nicosia ist sie Herzstück und Sinnbild eines heißen, durch Gewalt, Segregation, Exklusion, Deprivation und ein hohes Sicherheitsrisiko gezeichneten Konfliktes. Wer - zumindest als Tourist - durch Jerusalem geht wird keine Schwierigkeiten haben, sich durch die vielen, semi-permeablen Checkpoints zu bewegen, mag erstaunt sein über den engen Raum, in dem sich die Architekturen und Kulturbotschaften der drei Weltreligionen tummeln unnd befremdet durch die hohe Mililtärpräsenz. Von den drei ausgewählten Städten ist Jerusalem zweifelsohne stärkster Ausdruck einer im besten Falle angespannten Koexistenz seiner Bewohner und der physischen und ideologischen Grenzen, die die konkurrierenden Alleinvertretungsansprüche der beiden politischen, ethnischen und religiösen Gemeinschaften widerspiegeln. Wer mit den Menschen auf der Strasse, mit Händlern, Cafébesitzern und Stadtführern ins Gespräch kommt, wird viele unterschiedliche, unversöhnliche, widersprüchliche und ironische Geschichten zu hören bekommen. Inwiefern finden sich in Jerusalem die asymmetrischen Machtstrukturen des Nahostkonfliktes, inwiefern seine politischen Diskurse wieder? Und inwiefern haben sich seine Bewohner mit dem Konfliktalltag der Stadt arrangiert?

Diese und andere Fragen wollen wir im Seminar auf der Basis vielfältiger, anschaulicher und spannender Literatur diskutieren. Aufgrund meines dezidiert interdisziplinären, athropologisch-sozialpsychologischen Schwerpunktes reicht die Seminarliteratur von Monographien und Journalartikeln, über Photographien des öffentlichen Raumes, Postkarten und Briefmarken, populären Schulbüchern und Bildbänden, bis zu Ausstellungsdokumentationen und Interviewausschnitten, die im Sinne einer kulturanthropologischen Annäherung an die Alltagwirklichkeit der drei ausgewählten Städte und seiner Bewohner als Primär- und Sekundärquellen analysiert werden sollen.

Das Seminar schließt mit einer ein- (oder zwei-) tägigen Exkursion nach Berlin ab, in der die Bedeutung ausgewählter Erinnerungsorte aus erster Hand erarbeitet und diskutiert werden soll. Die Modalitäten der Exkursion sollen in der ersten Seminarsitzung besprochen werden.

Das Seminar findet außerdem im 2-Wochen-Turnus statt. Beginn ist in der ersten Vorlesungswoche.

 

     

 

 

Strukturbaum
Keine Einordnung ins Vorlesungsverzeichnis vorhanden. Veranstaltung ist aus dem Semester WS 2018 , Aktuelles Semester: SoSe 2024

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