Kommentar |
Ein zentrales Anliegen der feministischen Wissenschaftskritik ist die Untersuchung von expliziten und implizierten Geschlechtervorstellungen im Erkenntnisprozess und in der Entwicklung neuer wissenschaftlicher Konzepte und Theorien. Diese Lehrveranstaltung bietet eine Einführung in das Thema, indem wir zunächst Texte der Sekundärliteratur lesen, die aus der Perspektive der Geschlechterforschung die Zellbiologie und Genetik des 20. Jahrhunderts kritisch reflektieren. In einem zweiten Schritt werden wir uns anhand von Primärquellen mit der bakteriellen Genetik des Molekularbiologen François Jacob (1920-2013) der späten 1950er Jahren befassen. Es wird darum gehen, Repräsentationen von Sexualität und Geschlechterdualismen und ihre epistemologischen Funktionen in diesem Forschungsfeld zu analysieren. Jacobs Beispiel ist auch deshalb interessant, weil er als einer der wichtigsten Vertreter der damals aufstrebenden Molekularbiologie eine der einflussreisten Biologiegeschichten des 20. Jahrhunderts - Die Logik des Lebenden. Eine Geschichte der Vererbung (französische Originalausgabe von 1970) - geschrieben hat. Wir werden Auszüge aus dem Buch lesen und Jacobs Ansichten zur Geschichte der Vererbung im Lichte der oben erwähnten Sekundärliteratur diskutieren. |
Literatur |
Spannier, Bonnie. 1995. Im/partial Science. Gender Ideology in Molecular Biology. Bloomington: Indiana University Press; Keller, Evelyn Fox. 2001. Das Jahrhundert des Gens. Frankfurt am Main: Campus-Verlag; Satzinger, Helga. 2016. “Concepts of Gender Differences in Genetics”. In Heredity Explored. Between Public Domain and Experimental Science, 1850–1930, ed. Staffan Müller-Wille and Christina Brandt, 189-209. Cambridge: MIT Press, 189-209.
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