Kommentar |
Spätestens seit dem Anstieg der Flüchtlingszahlen im Sommer 2015 ist der Umgang mit Migration in ganz Europa ein kontrovers diskutiertes Thema. Dabei wird meist vergessen, dass Migration und Mobilität keine neuen Phänomene sind. Auch in der Vergangenheit haben Menschen immer wieder temporär oder dauerhaft, freiwillig oder unfreiwillig ihre Heimat verlassen.
Schon die Frühe Neuzeit war von verschiedensten Migrationsbewegungen geprägt. Mägde, Handwerker und Kaufleute kamen auf der Suche nach Arbeit und guten Geschäften in die aufstrebenden Städte. Religiöse Minderheiten wie die Hugenotten wurden aus ihrer Heimat vertrieben und mussten an anderer Stelle als Flüchtlinge versorgt und angesiedelt werden. Zahlreiche Europäer machten sich auf der Suche nach religiöser Freiheit oder besseren Lebensbedingungen auf den Weg nach Übersee und berichteten in Briefen an zurückgebliebene Verwandte und Freunde von ihrem neuen Leben. Die Mobilität von Menschen auf regionaler, transnationaler und globaler Ebene war in der Frühen Neuzeit ein integraler Bestandteil zahlreicher prägender gesellschaftlicher Entwicklungen, wie zum Beispiel der zunehmenden globalen Vernetzung der Welt, der religiösen Pluralisierung Europas und der Ausdifferenzierung von Wirtschaft und Konsum.
In dem Seminar sollen die Studierenden die wichtigsten frühneuzeitlichen Formen von Migration und ihre Ursachen kennenlernen. Es wird gefragt, wie frühneuzeitliche Gesellschaften mit mobilen Menschen umgingen und welche Auswirkungen Migrationsbewegungen auf wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen hatten. Daneben werden Theorien, Methoden und Quellen zur Erforschung von Migration und Mobilität kritisch diskutiert.
Literatur: Moch, Leslie Page, Moving Europeans. Migration in Western Europe since 1650, Bloomington 1992. Hahn, Sylvia, Historische Migrationsforschung, Frankfurt / New York, 2012. |