Die slawischen Sprachen und die sie tragenden Gemeinschaften sind keine isolierten Gebilde, sondern sie stehen im Kontakt mit ihrer sprachlichen und außersprachlichen Umwelt. Insbesondere in Mittel- und Osteuropa sowie auf dem Balkan leben verschiedene Sprachgemeinschaften unmittelbar neben- und miteinander. Daraus ergibt sich die Frage, welchen Einfluss diese Kontaktsituation auf Einzelsprachen und Sprecher*innen hat.
Im Seminar und der dazugehörigen Übung werden wir uns dieser Frage aus zwei Richtungen nähern und uns mit den beiden aktuell äußerst relevanten Themenkomplexen „Sprachkontakt” und „Herkunftssprachen” beschäftigen. Je nach Interesse der Teilnehmer*innen können wir bestimmte Fragen, Phänomene und Einzelsprachen aus verschiedenen Perspektiven beleuchten. Die Lehrveranstaltungen bieten den Studierenden somit die Möglichkeit der aktiven Mitgestaltung und Einbringung individueller Interessen.
Nach einer allgemeinen Einführung in die Kontaktlinguistik werden wir uns slawischen Sprachkontakten in Geschichte und Gegenwart widmen. Sprachkontakte sogenannter kleiner Sprachen bzw. Mikroliteratursprachen werden ebenso beleuchtet wie die Sprachkontakte der größten slawischen Nationalsprache Russisch. In diesem Semester nehmen zwei Themenblöcke einen besonderen Platz im Curriculum ein: Zum einen werden wir einen kontaktlinguistischen Blick auf das Jiddische werfen, die Sprache der aschkenasischen Juden. Zum anderen werden die Lehrveranstaltungen durch 4 abendliche Vorträge von Gastdozierenden im Rahmen der Reihe Polen und seine Sprache(n) ergänzt, die in Kooperation mit dem Aleksander-Brückner-Zentrum für Polenstudien stattfindet.
Der zweite Teil der Lehrveranstaltung konzentriert sich auf Herkunftssprachen, die erst in jüngerer Zeit in den Blickpunkt der Forschung gerückt sind. Zunächst erarbeiten wir uns den Begriff der Herkunftssprache. Anschließend erfahren Fragen der Fremdsprachendidaktik, Soziolinguistik, Spracherwerbsforschung sowie der individuellen Sprachbiographie Berücksichtigung.
Praxisbezug und Relevanz: Sprachkontakt und Herkunftssprachen sind vor dem Hintergrund aktueller demographischer Entwicklungen von unmittelbarer sozialer, politischer und wirtschaftlicher Relevanz. Die Begriffe „Globalisierung”, „Migration” und „Integration” sind regelmäßig in den Medien präsent, „(sprachliche) Identität” und „Mehrsprachigkeit” spielen auf verschiedenen Diskursebenen eine Schlüsselrolle. In der Sprachvermittlung gehört die Begegnung der Lehrenden mit herkunftssprachigen Lernenden sowohl an den Schulen als auch an den Universitäten zum Alltag. |