Bildgebende Verfahren, die uns glauben lassen, das im Bild Gezeigte sei selbst anwesend, haben eine lange Vorgeschichte. Dies gilt auch für die interaktiven Bewegtbilder des Computerspiels. Dessen mittlerweile sechzigjährige Entwicklungsgeschichte verweist auf Modelle rational-technischer Raumdarstellung relationaler und topologischer Raumtheorien und -diskurse. Auch der Realismus des zentralperspektivischen Rendering dreidimensional polygonal modellierter Spielwelten lässt sich bis zu den Techniken perspektivischer Raumillusion der Renaissancemalerei zurückverfolgen. Die künstliche, mathematisch abstrakte ‚Richtigkeit‘ der Perspektivendarstellung ist über Jahrhunderte der wiederholenden Einübung in neue Lektüre- und Wahrnehmungspraktiken internalisiert bzw. naturalisiert worden. D.h. ohne die Entwicklung des ‚künstlichen‘ zentralperspektivischen Abbildeverfahrens sind Richtigkeits- und Wahrscheinlichkeitsnormen moderner Darstellungsästhetiken wie etwa die der tiefenräumlichen Bilder des Computerspiels gar nicht denkbar.
Seit dem Einzug fotorealistischer Darstellungsparadigmen im Bereich der digitalen Simulation perfektionieren und überinstallieren diese die Tradition des perspektivischen Raumes und perspektivischen Sehens. Gerade am Medienformat Computerspiel kann unter dem Aspekt der Raumparadigmatik studiert werden, wie traditionelle Elemente einer räumlichen Bilderfahrung weitergeführt werden und so die mediale Eigenheit von Computerspielbildern begründen: gemäß einer Aufmerksamkeitsmaximierung der Spielenden werden auf den ikonischen Oberflächen digitaler Spiele außergewöhnliche Erfahrungs- und Erlebnisräume geboten, die es zu durchschreiten und zu erforschen gilt. Aus der Perspektive der Game Studies versucht das Seminar eine theoretische Annäherung an diese besonderen Räume.