Kommentar |
Bachelor
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BA_VK 2, BA_VK 3 B
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Master
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MVK 1 B, MVK 4, MWVK
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Der Mensch ist von Natur aus ein „unbehaustes“ Wesen, das sich sein Zuhause in der Welt selbst schaffen muss – als Zelt, WG-Zimmer, Villa, Bauernhof oder Wohncontainer. Das Seminar soll diese kulturelle Herausforderung der Beheimatung aufgreifen und Grundlagen volkskundlicher Wohnforschung vermitteln. Gerade in einer von Globalisierungsprozessen geprägten Welt (Mobilität, Flexibilität, neuer Nomadismus) stellt sich die Frage des Wohnens in vielfacher Hinsicht neu. „Making Heimat – Germany, Arrival Country“. So lautet etwa der deutsche Beitrag zur diesjährigen Architekturbiennale in Venedig. Dabei geht es um die brisante Frage, wie den Heimatlosen unserer Zeit, den Hunderttausenden von Flüchtlingen, nicht nur ein funktionelles Dach über dem Kopf, sondern auch Räume gegeben werden können, die in der Unwirtlichkeit unfreiwilliger Fremde tatsächlich ein Zuhause sein können.
Das geflügelte Wort „My home is my castle“ stammt aus der Feder des britischen Politikers und Juristen Sir Edward Coke. Er versuchte im 16. Jahrhundert durchzusetzen, dass jeder sein Haus ähnlich einer Burg gegen Räuber und Diebe verteidigen dürfe. Bemerkenswert scheint nun, dass sich das Sprichwort bis heute gehalten hat und die Exklusivität des eigenen Wohnraumes in zweierlei Hinsicht herausstellt: Einerseits ist das Wohnen privat, intim und unter Ausschluss der Öffentlichkeit, indem es durch Gardinen, Fernsprechanlagen, Zäune und Schließmechanismen abgeschirmt wird. Andererseits – im Inneren – streben Menschen durch persönlichen Gestaltungswillen nach Distinktion und Ausdruck ihres Selbst.
In dem Seminar geht es um traditionelle bäuerliche Wohnformen und volkskundliche Klassiker wie Edith Féls und Thomàs Hofers „Bäuerliche Denkweise in Wirtschaft und Haushalt“ (1972). Thematisiert werden weiterhin bürgerliche Wohnformen und vor allem neue Tendenzen der Individualisierung sowie der Pluralisierung von Lebenslagen. Auch heute schützt das Haus als dritte Haut vor den Zumutungen einer komplexen und ausdifferenzierten Welt. Gleichsam als Höhle und Rückzugsort (Stichwort Cocooning) sowie als dezidierter individueller Ausdruck der Besitzerpersönlichkeit trotzen Retro-Möbel, Selbstgebautes, antike Stücke oder IKEA-Hacks dem unüberblickbaren Einerlei. Ist das Zuhause also die kleine verlässliche Heimat, die sich die Menschen in transistorischen Lebensverhältnissen schaffen? |
Literatur |
Mihaly Csikszentmihalyi/Eugen Rochberg-Halton: Der Sinn der Dinge. Das Selbst und die Symbole des Wohnbereichs, München/Weinheim 1989. Elisabeth Katschnig-Fasch: Möblierter Sinn. Städtische Wohnwelten und Lebensstile, Wien/Weimar/Köln 1998. Herlinde Koelbl/Manfred Sack: Das deutsche Wohnzimmer, München 2000. |
Bemerkung |
Voraussetzung für den Erwerb von Leistungspunkten
Die Modulprüfung besteht in der Abfassung einer Hausarbeit. Abgabetermin: 3. April 2017 (1.Versuch). Erwartet wid die regelmäßige, aktive Teilnahme.
Bemerkungen
Für Masterstudierende ist ein Referat im Seminar verpflichtend. Referate für das Modul „Fachspezifische Schlüsselqualifikationen FSQ” im Bachelorstudiengang sind möglich. |