Kommentar |
"Dieses Buch dichtete eine Mutter von zwei Kindern - 'daz ist ÂVA'." Mit diesem Selbstbewusstsein nennt Ava, die erste namentlich bekannte Autorin der deutschsprachigen Literatur, sich selbst am Schluss ihres Textzyklus aus dem frühen 12. Jahrhundert. Ava erzählt von Maria, Jesus und den Ereignissen aus dem Neuen Testament der Bibel. Einige davon (Weihnachten, Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten) bestimmen als Feiertage auch heute noch den Kalender, während der Gedanke an das Jüngste Gericht für viele Menschen weniger präsent ist. Im Leben mittelalterlicher christlicher Menschen spielte all dies eine zentrale Rolle und es entstand immer wieder neue Literatur, die sich mit biblischen 'Stoffen' auseinandersetzt. Welche Herausforderungen sich stellen, wenn man versucht, 'alte' Stoffe 'neu' auf Deutsch zu erzählen und welche Akzente dabei gesetzt werden (bei Ava etwa auf Frauenfiguren), erkundet dieses Seminar.
Anhand einer gezielten Auswahl von Texten sucht das Seminar Zugänge zur Tradition, den Formen und Themen der Bibeldichtung. Es bietet eine Einführung in die wissenschaftliche Beschäftigung mit mittelalterlicher Literatur und vermittelt Ihnen die Kenntnisse, die es ermöglichen, mittelhochdeutsche Texte zu lesen und zu interpretieren. Das Seminar macht Sie mit Grundbegriffen und Methoden literaturwissenschaftlichen Arbeitens sowie mit Nachschlagewerken und anderen Hilfsmitteln vertraut; zugleich begleitet es bei der Vorbereitung einer Hausarbeit. |