Kommentar |
Ankündigungstext
Über den pädagogischen Mehrwert von schulischen Gedenkstättenfahrten wird seit einigen Jahren debattiert. In dieser Übung beschäftigen wir uns mit der (Vor-)Geschichte solcherart Reisen zu ehemaligen Orten der NS-Verfolgung als Teil von „dark tourism”. In der unmittelbaren Nachkriegszeit und während der Blockkonfrontation des Kalten Kriegs wurden diese Reisen insbesondere von NS-Überlebenden und ihren Verbänden sowie von zivilgesellschaftlichen Akteur:innen organisiert. Tatorte von Massengräbern wurden seit Mitte der 1940er Jahre besichtigt, markiert und gesichert sowie erste Gedenkzeichen gesetzt. Als Augenzeugen trugen Überlebende durch ihre Besuche an den einstigen Tatorten oftmals zur Aufklärung von NS-Verbrechen bei. Verstärkt seit den 1950 Jahren fanden zahlreiche Gedenkreisen als sogenannte „Pilgerfahrten” statt. Im Fokus stehen die Standorte ehemaliger Konzentrationslager in Deutschland sowie internationale Erinnerungsorte. Ziel der Veranstaltung ist es, die transnationalen Reisebewegungen detailreich zu rekonstruieren und zu begreifen: Welche Bedeutung hatten und haben diese Reisen für die Interpretation der NS-Verbrechen? Welche Ziele verfolgten die Beteiligten? Wie wurden sie öffentlich wahrgenommen? Und welche Bedeutung hat dies für heutige Besuche in KZ-Gedenkstätten?
Einführende Literatur:
Frank Bajohr, Axel Drecoll, John Lennon: Dark Tourism (Hrsg.): Reisen zu Stätten von Krieg, Massengewalt und NS-Verfolgung, Berlin 2020; Axel Drecoll, Thomas Schaarschmidt, Irmgard Zündorf (Hrsg.): Authentizität als Kapital historischer Orte? Die Sehnsucht nach dem unmittelbaren Erleben von Geschichte, Göttingen 2019; Philip R. Stone, Rudi Hartmann, Anthony Seaton (Hrsg.): The Palgrave Handbook of Dark Tourism Studies, Cambridge 2018; Enrico Heitzer, Günter Morsch, Robert Traba, Katarzyna Woniak (Hrsg.): Von Mahnstätten über zeithistorische Museen zu Orten des Massentourismus? Gedenkstätten an Orten von NS-Verbrechen in Polen und Deutschland, Berlin 2016. |