Kommentar |
Die Minima Moralia zählt zu Adornos bekanntesten Werken. Entstanden im kalifornischen Exil und nach der Rückkehr nach Deutschland, 1951, veröffentlicht, ist sie einerseits eine Reflexion auf die nationalsozialistische Barbarei und die biografische Erfahrung der Emigration; andererseits eine detaillierte Kritik der kapitalistischen Lebensweise, wofür die USA Mitte des 20. Jahrhunderts Adorno zufolge die „fortgeschrittenste Beobachtungsposition“ bot. Bei genauer Betrachtung stellt die Minima Moralia eine Art Kompendium dar, das die wesentlichen Elemente von Adornos kritischer Gesellschaftstheorie enthält. Auffällig ist außerdem, dass er als Darstellungsform den Aphorismus gewählt hat. Dieser soll es ermöglichen, ausgehend von alltäglichen Erlebnissen und Erfahrungen verallgemeinerbare Erkenntnisse über die Deformationen der kapitalistischen Gesellschaft, die die Subjekte bis in innerste Regungen hinein prägen, zu formulieren (vgl. „Zueignung“). Angesichts dieser Konzeption und inhaltlichen Ausrichtung eignet sich die Minima Moralia in besonderer Weise, um Kenntnisse über Adornos Gesellschaftstheorie und im erweiterten Sinn über die frühe kritische Theorie zu vertiefen.
Das Seminar ist als Close-Reading-Seminar konzipiert, d.h., wir konzentrieren uns pro Sitzung auf die Interpretation einiger weniger ausgewählter Aphorismen. Ziel ist es, Adornos Argumentationsgänge nachzuvollziehen und ihre Relevanz und Aktualität für eine zeitgemäße kritische Gesellschaftstheorie einzuschätzen. Die Ausgabe im Rahmen der Gesammelten Schriften (GS Bd. 4, Suhrkamp) wird zur Anschaffung empfohlen. |