Kommentar |
Die Geschichte der massenhaften politischen Verfolgungen in der stalinistischen Zeit und der Verfolgung von "Dissidenten" in den 1950er bis in die 1980er Jahre ist in vielen offiziellen Dokumenten, Memoiren und in der Presse überliefert. Es gibt jedoch kaum etwas, das uns mehr über die Wahrnehmung politischer Verfolgung in der Gesellschaft verrät als private Korrespondenz. In den Seminaren werden wir russischsprachige Briefe an Verwandte und Freunde im Original lesen und übersetzen, die aus den Lagern oder in die Lager geschickt wurden, die in den Familien der Verdrängten aufbewahrt und an das Archiv der Nichtregierungsorganisation "Memorial" weitergegeben wurden. Diese (manchmal geheime und von der Zensur nicht kontrollierte) Korrespondenz gibt Aufschluss über die Einstellung der Sowjetbürger zur Repression und zur Atmosphäre in der Gesellschaft, über die Besonderheiten der familiären Beziehungen in einer totalitären Gesellschaft, über den Alltag der politi-schen Gefangenen, über die Regeln der Korrespondenz, die Zensur und deren Vermeidung. Teilnahmevoraussetzung sind elementare Lesekenntnisse im Russischen; sprachliche Hilfestellung wird geboten
Einführende Literatur: Dietmar Neutatz: Träume und Alpträume. Geschichte Russlands im 20. Jahr-hundert. München 2013. |