Kommentar |
Allen Zeitzeugnissen zufolge bestand das Verhältnis von Arendt und Adorno in gegenseitiger Nichtbeachtung und teils starker persönlicher Abneigung. Obwohl beide zu den einflussreichsten Denker:innen und öffentlichen Intellektuellen der Nachkriegszeit zählten, gab es weder einen direkten Austausch noch haben sie einander rezipiert. Dies spiegelt sich in zwei weitgehend getrennten Rezeptionslinien, die eine Frontstellung ihres Denkens suggerieren. Demgegenüber unternimmt das Seminar den systematischen Versuch, Arendt und Adorno nachträglich ins Gespräch zu bringen. Im Mittelpunkt stehen dabei ihre zeitdiagnostischen Reflexionen, die nicht zuletzt Schlüsselprobleme einer kritischen Gesellschaftstheorie und (Sozial-)Philosophie nach Auschwitz behandeln und somit weit mehr bieten als einen Beitrag zur intellectual history des 20. Jahrhunderts.
Das Seminar beginnt mit einem biografischen Einstieg, um den historisch-politischen Erfahrungshintergrund ihres Denkens präsent zu machen. Anschließend diskutieren wir Aufsätze aus den 1950/60er Jahren, die sich der (Nicht-)Aufarbeitung der NS-Vergangenheit widmen und dabei grundlegenden und unvermindert aktuellen Fragen bezüglich gesellschaftlicher Herrschaft, Autoritarismus, Demokratie und politischer Mündigkeit nachgehen. Mittels Close-Reading werden wir die zentralen begrifflichen, argumentativen und inhaltlichen Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausarbeiten. Den Abschluss bildet ein resümierender Vergleich, wobei Arendts und Adornos Ansätze einer kritischen Gesellschaftstheorie sowie deren Aktualität ausgelotet werden sollen.
Zentral für eine erfolgreiche Teilnahme sind das Interesse an Theoriearbeit, die kontinuierliche Vorbereitung teils komplexer Primärliteratur sowie eine aktive Beteiligung an den Seminardiskussionen.
Einführende Literatur:
Albrecht, Tobias (2022), Handeln und Kritik. Politik- und Gesellschaftstheorie nach Arendt und Adorno, Frankfurt/New York: Campus
Auer, Dirk, Rensmann, Lars & Schulze Wessel, Julia (Hg.) (2003), Arendt und Adorno, Frankfurt: Suhrkamp |
Bemerkung |
Studierende im 2. FS mit Interesse an dieser Veranstaltung beachten entsprechend der Modulbeschreibung BASOZ 21 bitte: "Das Modul besteht aus der Vorlesung ‚Soziologische Theorien‘ und einem Seminar ‚Soziologische Theorie‘. Das Seminar baut auf den in der Vorlesung vermittelten Inhalten auf und ist deshalb in der Regel nach dem Abschluss der Vorlesung bzw. im Wintersemester zu belegen. In begründeten Ausnahmefällen ist die Belegung eines dem Modul zugeordneten Seminars auch im Sommersemester möglich." (Hervorh., EH)
Studierende des 2. FS belegen diese Veranstaltung also bitte nur "in begründeten Ausnahmefällen" und orientieren für das Absolvieren des BASOZ 21-Seminars i.d.R. auf das 3. FS, also das kommende WS, in dem es dann - entsprechend des Musterstudienplans - natürlich auch ein umfassenderes Angebot an BASOZ 21-Seminaren geben wird. |