Kommentar |
Mitten im nachrevolutionären Bürgerkrieg formierte sich 1921 in Petrograd die Gruppe der Serapionovy brat’ja, die ganz entgegen dem aktuellen Trend sich nicht politisch engagieren, sondern einfach mit Literatur beschäftigen wollte. Auf regelmäßigen Treffen im Haus der Künste, zu denen außer den Mitgliedern Lev Lunc, Veniamin Kaverin, Vsevolod Ivanov, Michail Zoscenko, Viktor Sklovskij, Elizaveta Polonskaja u.a. nur ihr Lehrer Evgenij Zamjatin sowie Anna Achmatova und Osip Mandel’stam zugelassen waren, lasen sie sich, ähnlich dem Vorbild bei E.T.A. Hoffmann, gegenseitig ihre Werke vor und diskutierten Fragen des literarischen Schaffens. Obwohl sie sich durchaus mit aktuellen Problemen auseinandersetzten, kam es ihnen jedoch nicht auf die ideologische, sondern einzig und allein auf die ästhetische Position an. Sie betonten die Verschiedenheiten innerhalb ihrer Gruppe und verzichteten auf bürokratische Regelungen und Ämter, um sich allein dem Prinzip des Einsiedlers Serapion mit der Gleichwertigkeit von innerem und äußerem Leben zu verschreiben.
Im Seminar werden die im Sammelband von 1922 erschienenen Texte gelesen. Dabei sollen Gemeinsamkeiten und Unterschiede der einzelnen Mitglieder der Gruppe herausgearbeitet und mit den selbst postulierten Positionen verglichen werden. Nicht zuletzt soll es um die Frage gehen, wie romantisch die Serapionsbrüder von Petrograd sind, da sie sich ja immer wieder auf Hoffmanns literarischen Zirkel und dessen literarische Figur „Serapion“ als Vorbild beziehen. Hilfreich bei der Beantwortung dieser Frage wird sein, sich mit der Romantik als einem Modell, das bis in die heutige Zeit immer wieder künstlerisch aktualisiert wird, auseinanderzusetzen. Dazu werden 1-2 Aufsätze, die vor dem Hintergrund des Jenaer Graduiertenkollegs „Modell Romantik“ erarbeitet worden sind, hinzugezogen. |
Literatur |
Literatur zur Vorbereitung:
Nicht in Jena vorhanden: Drohla, Gisela (Hg.). 1982. Die Serapionsbrüder von Petrograd. Frankfurt am Main. 2. Aufl.
Kasper, Karl-Heinz (Hg.). 1987. Die Serapionsbrüder von Petrograd. Junge Kunst im revolutionären Russland. Berlin |