Kommentar |
Epikurs Schule, der Garten (kepos), stellt z.B. neben der Stoa und dem Peripatos (Aristoteliker), eine der bedeutendsten sogenannten dogmatischen philosophischen Strömungen der Antike dar. Diese zeichnen sich durch das Aufstellen von Lehrsätzen (dógmata) aus, die an ein die gesamte Natur umfassendes und strukturiertes System gebunden werden. Die ethisch-praktische Maxime des Lebens gemäß der Natur (kata phýsin zen, secundum naturam vivere), deren Ziel für alle Schulen in irgendeiner Form von Glück (eudaimonía, ataraxía, areté) besteht, erfordert in ihrer höchsten Form eine Gesamterkenntnis der Natur und der Realität. Da dies gleichsam nicht von allen Menschen geleistet werden kann, ist man bestrebt, bestimmte Lehrsätze, Sentenzen und Grundeinsichten zusammenzufassen und als "Philosophie für alle" zu verbreiten. Diese definieren als Thesen häufig auch die philosophischen Diskussionen der Schulen untereinander, die sich in hellenistischer Zeit (etwa 3. bis 1. Jh. v. Chr.) institutionalisieren.
Das epikureische System beruht auf einer strikt auf die Sinneswahrnehmung aufbauenden, in ihren Ergebnissen teilweise auch naiv anmutenden Erkenntnismethodik. Die daraus abgeleitete Grundeinsicht über die Natur ist atomistisch: Es wird gelehrt, dass alle Dinge aus unendlich vielen kleinsten, unzerstörbaren Körpern bestehen, die sich in ständiger Bewegung befinden, sich zu größeren Komplexen vereinen und wieder trennen, dass somit alles vergänglich, dass die Seele sterblich, dass der Kosmos uneinzigartig ist. Diese Physik bildet dann das Fundament einer Ethik, die für antike Verhältnisse recht unkonventionell ist und vor allem auf die Elimination von Schmerz und Angst zielt: So lassen etwa die Vergänglichkeit von Körper und Seele die Angst vor Tod und Jenseits unbegründet zurück und die Begrenztheit des erfahrbaren Glücks lässt den Erwerb von Ruhm, Luxusgütern oder Reichtum und damit die Furcht vor dem Verlust dieser Dinge letztlich nutzlos erscheinen. Interessant sind vor einem zeitgenössischen Hintergrund vor allem die, wenn nicht atheistischen, so doch stark antireligiösen, antielitären und antipolitischen Tendenzen der epikureischen Philosophie, die im Gegensatz dazu die Freiheit des Individuums und das gute Leben betont. |
Literatur |
Im Seminar sollen vor allem Epikurs Brief an Menoikeus sowie Teile des Briefs an Herodot und der Maßgeblichen Sätze (Kyriai Doxai, Ratae Sententiae) gelesen werden, möglicherweise ergänzt durch einige Ausschnitte aus dem 25. Buch von Über die Natur, das Fragen nach der Freiheit des individuellen Handelns und Denkens diskutiert und worin eine klar antideterministische Position eingenommen wird.
Die Texte werden vor Beginn der Veranstaltung auf moodle zur Verfügung gestellt. Literaturhinweise folgen. |