Die meisten PsychotherapiepatientInnen erleben bestimmte Aspekte ihres Erlebens und Verhaltens als problematisch. Die reale Erfahrung dieser problematischen Aspekte in der Therapiesitzung (Problemaktualisierung) wird über Psychotherapieverfahren hinweg als zentraler Wirkfaktor verstanden. Die Forschungsliteratur zur Ressourcenaktivierung als Wirkfaktor der Psychotherapie verdeutlicht, dass zu einer erfolgreichen Psychotherapie aber auch das Erleben positiver Emotionen in der Sitzung gehört. Viele Untersuchungen weisen darauf hin, dass sich Problemaktualisierung und Ressourcenaktivierung in der Therapiesitzung keineswegs ausschließen, sondern dass durch Ressourcenaktivierung ausgelöste positive Emotionen PatientInnen unter Umständen erst ermöglichen, sich ihren Problemen zu öffnen und diese erfolgreich zu bearbeiten. Die erfolgreiche psychotherapeutische Arbeit scheint also eine spezifische Dynamik von positivem und negativem Affekt in der Sitzung vorauszusetzen.
Doch wie genau läuft dies in realen Psychotherapiesitzungen ab? Wann in der Sitzung werden positive, wann negative Affekte erlebt? Wie oft ändert sich die Valenz des erlebten Affekts innerhalb der Sitzung? Und besonders: lassen sich anhand dieser Eigenschaften erfolgreiche von weniger erfolgreichen Therapiesitzungen unterscheiden?
Diesen Fragen nach der Dynamik von positivem und negativem Affekt in Psychotherapie-sitzungen soll sich die Projektarbeit nähern. Dazu werden Transkripte von Psychotherapiesitzungen mittels lexikonbasierter automatisierter Textanalyseverfahren (z.B. LIWC) ausgewertet. Diese ermöglichen die automatisierte Messung der emotionalen Valenz von Texten. Es sollen Verläufe von positivem und negativem Affekt im Sitzungsverlauf modelliert werden und diese sollen mit PatientInnen- und TherapeutInnenratings allgemeiner Wirkfaktoren der Psychotherapie sowie mit externen Ratings der Behandlungskompetenz in Bezug gesetzt werden. Eine Einführung in die genutzten lexikonbasierten automatisierten Textanalyseverfahren sowie Datenauswertungsstrategien erfolgt im Rahmen der Veranstaltung, es sind keine Vorkenntnisse nötig. |