Kommentar |
Um 2000 dichteten Texta, vier Rap-Musiker aus Österreich, die Zeilen „Wir vier brechen Sprachbarrieren / vom Hamburger Hafen bis zum Wiener Praterstern / meine Damen und Herren, / wir wollen nix von euch, / nur verstanden werden” (Texta: Sprachbarrieren. URL: https://www.youtube.com/watch?v=4RXXDWIkqys [19.01.2024]).
Hugo von Trimberg, ein Dichter aus dem ostfränkischen Gebiet, lieferte um 1300 eine Beschreibung der deutschen Sprache in den unterschiedlichen Gebieten: „Swâben ir wörter spaltent / die Franken ein teil si valtent / die Beier si zezerrent / [...] Egerlant si swenkent / Oesterrîche si schrenkent” (H. v. Trimberg: Renner, Vv. 22265‒74; hg. v. G. Ehrismann 1908).
Beide Textbeispiele zeigen eine Reflexion über die Variation von alltäglicher Sprache, die – so wird schon in den wenigen Zeilen jeweils deutlich – von Gebiet zu Gebiet teils sehr unterschiedlich gestaltet sein und möglicherweise gar zu „Sprachbarrieren” führen kann.
Die Variation von Sprache ist zentrales Thema dieses Seminars, das eine Einführung in die Dialektologie und Soziolinguistik sowie den Umgang mit historisch fundierter Betrachtung von aktuellen Sprachwandelphänomenen bieten wird. Anhand von Beispielen aus der gesprochenen und der geschriebenen Sprache, nicht zuletzt in Form von Gedichten und Songtexten, sollen einerseits ausgewählte sprachliche Phänomene (überwiegend im Bereich der Grammatik) diskutiert werden, die in den Varietäten unterhalb der normierten Standardsprache, u.a. den Dialekten, zu finden sind und sich sprachhistorisch erklären lassen; andrerseits werden Fragen nach der Einbettung von Sprache in die außersprachliche Wirklichkeit behandelt, etwa, inwiefern soziale Erwartungen die Wahrnehmung von beispielsweise jugendsprachlichen oder dialektalen Varianten beeinflussen können – und wie aus linguistischer Perspektive mit sprachlichen Varianten, die nicht dem Standard oder der Bildungssprache entsprechen, umgegangen werden kann.
Ziel ist es, zu sensibilisieren für die Funktionalität und den (linguistischen) Stellenwert von Varietäten unterhalb des Standards oder nicht-standardkonformen Varianten. Letztere begegnen sicherlich im schulischen Alltag. Ein Grundverständnis von Sprachvariation und Sprachwandelprozessen kann die Basis einer Unterrichtsgestaltung bilden, die der sprachlichen Realität, die Schüler:innen – im Spannungsfeld von Jugendsprache und Bildungssprache – vermutlich besonders stark erleben, gerecht wird. |
Voraussetzungen |
Da die Diskussion phonologischer, morphologischer, syntaktischer und lexikalischer Phänomene viel Raum einnehmen wird, wird empfohlen, entsprechende einführende Lehrveranstaltungen bereits besucht zu haben bzw. zumindest parallel zu besuchen.
Die Analyse von (lyrischen) Sprachzeugnissen wird linguistischen Fragestellungen folgen. Literaturwissenschaftliche Kenntnisse und vor allem Interesse an poetischen Texten und Musik sind jedoch eine gute Voraussetzung zur Teilnahme am Seminar. |
Leistungsnachweis |
Die Leistungsbeurteilung erfolgt aufgrund einer schriftlichen Hausarbeit (im Umfang von ca. 35 000 Zeichen mit Leerzeichen).
Vorausgehende, verpflichtende Studienleistungen umfassen
- selbstständige Vorbereitung auf die Einheiten, sprich, Lesen von Forschungsliteratur, Auseinandersetzung mit schriftlichen, auditiven (und visuellen) Beiträgen, die als Analyse- und Diskussionsgrundlage dienen werden;
- aktive Teilnahme: Mitdenken, Mitdiskutieren, Fragen stellen, Anmerkungen geben;
- das Abfassen eines etwa zweiseitigen Textes (entsprechend bestimmter Maßgaben, die im Vorfeld im Seminar kommuniziert werden) als Vorbereitung zur
- Teilnahme an einer abschließenden Diskussionsrunde im letzten Drittel des Semesters.
Die regelmäßige (und aktive) Teilnahme am Seminar wird dringend empfohlen; bei sehr häufigem Fehlen wird es Ihnen schwer möglich sein, den Inhalten in adäquater und erbauender Weise folgen zu können.
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